Banyak Islands – Paradise unplugged

Banyak Islands – Paradise unplugged

Nun, es muss ja nicht immer etwas passieren. Glaubt man zwar, aber es geht auch ohne.

Was gibt es zu den Banyak Islands zu sagen? Kurz gesagt sind die Banyaks jene Inseln, wo die Fototapeten gemacht werden.

Banyak bedeutet „viele“ in Bahasa Indonesia, genaugenommen sind es 99 Inseln, von denen jedoch nur 2 regulär bewohnt sind. Kleine Paradiese, 30 km vor der Westküste Sumatras. Schwer zu erreichen. Die Flüge nach Singkil wurden vor einiger Zeit eingestellt. Die Boote zu den Inseln sind vielfach ohne Schwimmwesten unterwegs. 2 bis 5 Stunden Augen zu und durch.

Auf einer Handvoll Inseln gibt es paar wenige Resorts, wobei das Wort Resort hier nicht im klassischen Sinn verstanden werden darf. Heißt: einfache Holzhütten mit einer Matratze am Boden oder einem Holzbettgestell, wobei man sich bei ersterem die blauen Flecken beim Hinein- und Hinauskriechen aus dem Moskitonetz erspart. Eine kleine Terasse meist mit einem Bankerl, das irgendwie aus dem verfügbarem Holz zusammengezimmert wurde. Einen Tisch muss man sich bei Bedarf von einer gerade nicht bewohnten Nachbarhütte organisieren. Schritte zum Meer: maximal 25.

Bucket shower, simple Toiletten. Wasser rundherum soweit das Auge reicht, auf den Inseln selbst kommt es aus einer Art Brunnen und ist in jedem Fall um einiges weniger salzig – fein zum Abduschen! Klopapier ist selbst mitzubringen oder man stellt auf die indonesische Methode um.

Verpflegung ist inklusive. Auf Pulau Tailana ging der Besitzer täglich fischen und was er fing, gab’s dann zum Abendessen. Mit Reis. Oft auch zu Mittag. Mit Reis. Reservierung de facto nicht erforderlich. Kostenpunkt etwa 18€ pro Tag inklusive Verpflegung.

Elektrizität gibt’s nur abends für ein paar Stunden, wenn der Generator läuft. Und im Normalfall auch nur im Gemeinschaftsbereich.

Eine Inselumrundung dauert auf Pulau Tailana 20 Minuten, die vielen Pausen, um mich zu versichern, dass ich nicht träume, bereits mit eingerechnet. Kraxeln und Balancieren über umgefallene Palmen. Unter einer entdecke ich in der Gezeitenzone eine wunderschöne Seeschlange, eine Seltenheit am Strand, aber Vorsicht, auch ganz schön giftig. Auf jeder Insel ein Eisvogelpärchen, die ich zum ersten Mal singen gehört habe, was sich sehr lustig anhört.

Wetter gemischt – wenn es regnet, ist es spektakulär. Drama, baby. Wenn die Sonne scheint umwerfend. Und wenn die Sonne wolkenlos untergeht, dann ist es nur mehr beyond words.

Auf Pulau Tailana gibt es eine Katze, auf Pulau Sikandang 3 ältere und 2 junge Hunde, die sich am Strand jagen, gemeinsam schwimmen gehen, Krabben ausbuddeln und oft auch mal bei der Inselumrundung mitkommen – Dauer hier maximal 2 Stunden, Sundown Yoga ebenfalls wieder mit eingerechnet. Auf Sikandang gibt es einen Mangrovensumpf, und somit auch um einiges mehr Mosquitos. Es gibt Warnungen hinsichtlich Chloroquinin-resistenter Malaria in dieser Gegend. Auf Nachfrage gab es angeblich seit 5 Jahren keinen Fall mehr, was jedoch bei einem durchschnittlichen Besucheraufkommen von wahrscheinlich 8 Gästen pro Nacht statistisch gesehen besser nicht zu falscher Sicherheit verleiten sollte. When you can’t be sure, be certain. Eine Mischung aus Sonnencreme und NoBite ist Pflicht. Zweiteres rund um die Uhr.

Die größte Chance, sich wehzutun, ist jedoch beim Schnorcheln einen falschen Weg zur Riffkante zu wählen und dann mit dem Bauch über Korallen zu schrammen. Vorsicht ist auch vor den zahlreich fallenden Kokosnüssen geboten, in der Nacht höre ich sie neben meiner Hütte auf dem Boden aufschlagen. Bumm. Und noch eine.

Schnorcheln und Schwimmen ist irgendwo zwischen wunderschön und phantastisch. Die Strände grober bis allerfeinster Korallensand. Sikandang hat einen sehr steilen, sandigen Dropoff, eignet sich daher selbst weniger zum Schnorcheln, aber mit dem Boot lassen sich schnell die umliegenden Mini-Inseln oder das Hausriff erreichen, und das ist einfach nur unfassbar schön.

Letztlich kommt man aus den Ah’s und Oh’s kaum heraus, dazwischen ein Mmmhhh… Islandtime. Barfuß. Rumlaufen im Bikini oder Hängekleidchen. Keine Kleidervorschriften, das schert hier keinen. Sehr fein.

Auf beiden Inseln leben ein paar Menschen, die die Bude schmeißen (oder auch eher rennen lassen wie auf Pulau Sikandang). Auch Kinder, die zuerst recht schüchtern sind, sich dann aber doch über ein wenig Kontakt freuen. Ein kleines Mädchen wird täglich entlaust. Die Kinder husten, viele Erwachsene auch, traditionell wird noch viel mit offenem Feuer gekocht oder Blätter und anderes Zeugs bei leicht schwelendem, dafür umso stärker rauchendem Feuer verbrannt. Ich denke daran, was ich über die Gesundheitsfolgen von household solid fuel combustion gelernt habe. Nahezu die Hälfte aller Todesfälle durch Lungenentzündung bei Kindern unter 5 Jahren wird durch Feinstaub aus Haushaltsfeuer mit festen Brennstoffen verursacht. 3 Milliarden Menschen kochen weltweit noch mit Holz, Abfall aus Landwirtschaft, Kohle, Dung oder Blättern auf offenem Feuer und ineffizienten Kochgelegenheiten. Die meisten davon leben – erraten – nicht in gutentwickelten Ländern.

Akute und chronische Atemwegserkrankungen. Dazu die permanente Raucherei der Männer. Husten gehört bei Kindern einfach dazu. It hurts to see it, and I see it a lot. Gleichzeitig erscheint es mir sprachlich, aber auch auf anderen Ebenen, derzeit noch unmöglich, es zu erklären, etwas zu sagen. Ich muss dringend beginnen, mein „Health Promotion Practice“ Buch zu lesen, vielleicht gibt es ja ein paar gute Tipps gegen Oberg‘scheit daherreden …

Wenn abends tausende Insekten um die Glühbirne schwirren, werden in Öl getränkte Plastik-Lappen aufgehängt. In wenigen Minuten hat der Spuk ein Ende, es tropft dann nur noch auf den eh schon dreckigen Holzfußboden. Handtellergroße Käfer schwirren mit großem Gedröhne Richtung Licht, um dann unkoordiniert irgend jemandem in den Ausschnitt zu taumeln. Jeden Abend ein großer Spaß – außer es trifft einen selbst 😉

Natürlich gibt es kein Internet. Nada, auch nicht mit meiner mittlerweile indonesischen SIM Card. Und siehe da – auf einmal sitzen alle im spärlichen Lichtschein zusammen, wir spielen Karten oder 5000 – ein neu gelerntes, geniales Würfelspiel. Es sind ausschließlich Rucksack-Reisende auf den Inseln, einige davon sind schon Monate unterwegs und können viel erzählen. Am ersten Abend treffe ich ein japanisch-deutsches Ehepaar, die seit Jahrzehnten die kleinen Inseln dieser Welt gemeinsam abklappern. Er ist derzeit auf Mission in Papua und verarztet abends im Pfusch die kleineren Fußverletzungen durch Korallenschnitte. Feine Begenungen, darunter witzigerweise auch immer wieder Reisende aus Österreich – speziell an Pia & Ben: thanks for your company!

Mein Bungalow liegt etwas abseits, ich gehe mit Stirnlampe barfuß im Sand retour. Den Eingang zwischen den Büschen nicht verpassen. Gefunden. Licht abdrehen, Sterne schauen. Stille. Bis auf das friedliche Plätschern des Meeres.

Und sonst? Nichts. Und das ist einfach nur gut so.

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This Post Has 5 Comments

  1. Liebe Tina! Deine Erlebnisse zu lesen ist wahrlich wunderschön.ich wünsche dir (noch unbekannterweise) weiterhin viele oohss und aahss..und hmmmhs an ganz besonderen Orten dieser Welt…danke fürs teilhabendürfen:)
    GLG von märie

    1. Liebe Märie, vielen Dank fürs Lesen und Kommentieren! Ich schick Dir auch noch unbekannterweise ganz liebe Grüße retour (💚, richtig? 😀) Tina

  2. Ich brauche eigentlich kein Buch mehr, ich muss nur mehr bei dir reinlesen :). Schöne Beschreibungen, auch von “handtellergroßen Käfern”. Ich weiß schon, warum ich jetzt mit Socken in WIen sitze und Birnentarte backe, haha. Super schaust du aus, sehr glücklich, sehr DU. Schöne Energie, bis hierher spürbar. Bussi, Umarmung – miss you.

  3. OMG, wenn du nach wenigen Wochen bereits wie ein tiefenentspannter Twen aussiehst, wie wird das dann erst in ein paar Monaten sein? In den zivilisierteren Ländern wirst du dann permanent deinen Ausweis vorzeigen müssen, um deine Volljährigkeit zu beweisen… Enjoy die wunderbare Verjüngungskur!

    1. Oh, dankeschön ☺️ Dich brauch ich ja nicht zu fragen, was Du trinken magst 😉. Sonne & Meer & so halt, und dem Leben kann ich momentan einfach nur „Danke“ sagen.

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